Reisebericht (von Bernhard Koch)
Dreizehn Jahre vergingen, bis wir (meine Frau Karin, Thomas und ich) erneut Indien besuchen und dort Gottes Wort verkündigen konnten. Diesmal war auch Nicol Budde mit dabei. Einladungen gab es schon länger, sowohl aus Chennai von Jochen Tewes, Gründer der Industrial Development Association (IID), als auch von Pastor Sam Apollos aus Madurai. Doch bis letztes Jahr hörte ich vom Heiligen Geist kein „Okay“, um wieder nach Indien zu reisen.
Überraschend erhielt ich im Juli von dem indischen Pastor Ruben Moses eine Freundschaftsanfrage auf Facebook. – Ich kannte ihn gar nicht! Gleich nachdem ich ihn in meine Freundschaftsliste aufgenommen hatte, lud er mich ein, die Gemeinden seines christlichen Netzwerks in Indien zu besuchen. Seltsam! Sofort hatte ich ein „Ja“ und große Freiheit für solch einen Besuch in Indien.
- „Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; doch du weißt nicht, woher er kommt und wohin er weht.“ (Johannes 3:8), kam mir später in den Sinn. So sagte ich zu und ein Flug wurde gebucht. – Im Januar dieses Jahres war es soweit und wir flogen nach Indien. Dort erfreuten uns sogleich die angenehmen sommerlichen Temperaturen.
In Chennai besuchten wir Jochen und Johshy Tewes und gaben in einem von ihnen gegründeten Community College und in einer Lehrwerkstatt jungen Menschen Zeugnis aus unserem Leben mit dem Sohn Gottes. In Chennai trafen wir auch Andrea – ein ehemaliges Mitglied unserer Gemeinde –, ihren Mann und ihre Tochter; wir freuten uns sehr, sie wiederzusehen. Andrea hatte es arrangiert, dass wir am Sonntag in ihrer jetzigen Gemeinde, „Powerhouse-Church“, Gottes Wort verkündigen konnten. Begeistert bekundeten uns die Anwesenden, Offenbarung erhalten zu haben. Doch hatten wir in Chennai nicht nur Dienste. Mit Jochen und Johshy fuhren wir ans Meer, in dem wir vergnügt badeten – und das im Januar! Auch zeigte uns Jochen Orte, an denen der Apostel Thomas gewirkt haben soll.
Jochen & Johshy Tewes vor Schülern eines IID Colleges
In der folgenden Woche ging es mit dem Zug nordwärts, in die 300 km entfernte Stadt Ongole. Dort holte uns mein neuer Facebook-Freund mit seiner Frau vom Bahnhof ab. Sogleich empfanden wir Sympathie füreinander. Mit einem Kleinbus fuhren wir weiter in das dörfliche Landesinnere, dorthin, wo vor Jahren Moses' Vater 24 Gemeinden gegründet hatte. Nach dessen Tod übernahm Moses' Mutter die Aufsicht über diese Kirchen und gründete zwei weitere. Sie verstarb im letzten Dezember und Pastor Moses übernahm die apostolische Leitung dieser Gemeinden.
Pastor Moses und seine Frau Angel
Mit Blumenkränzen geehrt
Gebetszeit in einer Gemeinde in Andhra Pradesh
Nachdem wir unsere Zimmer im Hotel bezogen hatten, machten wir uns noch am selben Tag auf den Weg zur ersten der insgesamt 12 Gemeinden, die wir dort besuchten. Von weitem war schon sehr lauter Lobpreis zu hören. Der Empfang war sehr herzlich. Jeder von uns wurde mit einem Blumenkranz geehrt. Das war speziell, so etwas hatten wir noch nicht erlebt. Nachdem Karin und ich Gottes Wort verkündigt hatten – ich auf Deutsch, Thomas auf Englisch und der indische Übersetzer auf Telugu – wünschten fast alle Anwesenden Gebet. Sie waren sehr hungrig und wollten Gottes Segen und Kraft erleben.
Ähnlich ging es auch in den Gemeinden zu, die wir an den folgenden Tagen aufsuchten. Zweimal wurden wir sogar am Ortseingang empfangen und unter Musik von den jungen Mädchen mit Blumen überworfen, während wir zum Gemeindegebäude gingen. Was für ein Spaß! – In jeder Gemeinde, in der wir predigten, war es sehr leicht, Gottes Wort zu sagen.
Insgesamt waren wir fünf Tage mit Pastor Moses unterwegs. Ohne vorherige Ankündigung zeigte er im Vorbeifahren auf ein in einiger Entfernung gelegenes Gebäude und sagte, dies sei ein in der Vergangenheit von ihnen betriebenes Waisenhaus, und fragte, ob wir Interesse hätten, es später zu besichtigen. Damit hatten wir gar nicht gerechnet, obwohl Thomas, bevor wir nach Indien reisten, gesagt hatte: „Na, lasst uns mal schauen, ob wir zusammen mit Pastor Moses ein Waisenhaus eröffnen können.“ Schon längere Zeit hatten wir es auf dem Herzen, Kindern zu helfen. Und nun diese Überraschung.
Wir waren sehr beeindruckt, als wir das leerstehende Waisenhaus besichtigten und erstaunt über dessen Größe. Pastor Moses sagte, früher, als sein Vater noch nicht heimgegangen war, seien dort 100 Kinder betreut worden – 50 Jungen und 50 Mädchen. Allerdings machte das Gebäude, ohne Farbe an den Wänden, einen sehr grauen Eindruck. Doch war es nicht zerfallen, soweit wir erkennen konnten. Vor dem Haus ist eine große Rasenfläche, mit sehr viel Platz zum Spielen. Und an der Seite auf dem Gelände steht ein Gemeindegebäude für 150-200 Menschen.
Nun hatten wir die Frage: „Hatte der Heilige Geist dieses ehemalige Waisenhaus uns vor die „Füße gesetzt“, damit wir es wiederherstellten? Später, zu Hause in Deutschland, berieten wir uns mit den verantwortlichen Mitarbeitern unserer Gemeinde darüber. Mir wurde zur Klärung ein Wort aus dem Propheten Jesaja bewusst:
„Und der Herr wird dich immerdar führen … Und es soll durch dich (JESUS!Gemeinde Rinteln) wiederaufgebaut werden, was lange wüst gelegen hat, und du wirst wieder aufrichten, was vorzeiten gegründet ward; und du sollst heißen: „Der die Lücken zumauert und die Wege ausbessert, dass man da wohnen könne.“ (Jesaja 58:11+12) Ohne weiter überlegen zu müssen, war uns klar: Jesus hatte uns zu diesem Waisenhaus geführt, um es wieder instand zu setzen. Wenn er uns den Auftrag gibt, folgerten wir, würde er auch die Mittel dafür freisetzen.
Hier geht es zu allen Infos rund um das Kinderheim.
Am nächsten Tag besuchten wir sechs Gemeinden, in denen ich jedes mal Gottes Wort verkündigte. Das war schon eine Herausforderung, an einem Tag in so vielen Gottesdiensten zu reden. In den Veranstaltungen, wo wir mehr Zeit hatten, verkündigte auch Karin das Wort Gottes und gab Zeugnis von dem, was Jesus in ihrem Leben getan hat. Und am letzten Tag in dieser ländlichen Gegend dienten wir den Pastoren und Leitern und gaben ihnen mehr Verständnis über „Erweiterung von Glaubensgrundlagen“ und den „Fünffältigen Dienst“.
Abschließend kann gesagt werden, wir hatten mit Pastor Ruben Moses und seiner Frau eine super Zeit. Der Heilige Geist hatte unseren Besuch bis ins Detail vorbereitet. – Viele wurden im Glauben gestärkt, von Geistern der Krankheit befreit, einige bekehrten sich zu Jesus und andere wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in neuen Sprachen zu beten.
Karin mit Pastorin Sujatha Roy
Danach fuhren wir nach Vijayawada, eine Stadt mit ca. 1,5 Millionen Einwohnern, um dort in einer Gemeinde zu sprechen, die uns von Sham, einem indischen Besucher unserer Gebetshausarbeit in Hannover, vermittelt worden war. Er stellte den Kontakt zu seiner Pastorin Dr. Sujatha Roy her. Sofort war sie für einen Besuch von uns offen und empfing uns sehr herzlich. Am Sonntagmorgen, um sieben Uhr in der Frühe, begann der Jugendgottesdienst. Was für eine Uhrzeit! Bei uns in Deutschland wäre solch eine Gottesdienstzeit für Jugendliche kaum vorstellbar. Mehr als Einhundert waren zusammengekommen. Karin sprach zu ihnen über: „Wie gelange ich in meine Berufung?“ Alle waren sehr begeistert. – Später fragten wir, warum sie den Jugendgottesdienst zu solch einer frühen Zeit durchführten. Es wurde uns gesagt, die meisten Jugendlichen würden Schulen besuchen, die am Sonntag um neun Uhr mit dem Unterricht beginnen. Die hinduistische Regierung hätte dies so eingerichtet, um die Schüler möglichst vom Besuch christlicher Gottesdienste abzuhalten.
Um zehn Uhr begann der reguläre Gottesdienst. Nun war ich dran, zu den mehr als 150 Versammelten zu sprechen. Mein Thema handelte davon, „fest auf Gottes Gedanken zu blicken“, in Bezug zu Jeremia 29:11, wo Gott sagt: „Ich habe Gedanken des Friedens (Schalom) über euch und nicht des Leides.“ Als ich darüber sprach, erhielten viele Anwesenden Offenbarungen und ein genaueres Bild von unserem Gott. Auch die Pastorin war begeistert und lud uns ein wiederzukommen, nicht nur, um am Sonntag zu predigen, sondern darüber hinaus der Gemeinde auch mit Seminaren zu dienen.
Noch am selben Tag flogen wir zunächst 500 Kilometer zurück nach Chennai, wo wir noch einmal Jochen und Johshy trafen. Am Tag darauf ging es dann weitere 600 Kilometer in das südliche Madurai. Dort wurden wir schon erwartet; Pastor Sam Apollos holte uns mit seiner Frau und kleinen Tochter vom Flugplatz ab. Sie hatten einen Kleinbus mit Fahrer gemietet, der uns noch ca. 170 Kilometer weit bringen sollte. Unser Ziel war die Stadt Rameswaram, die gegenüber der ca. 30 Kilometer entfernten Insel Sri Lanka liegt.
In Rameswaram hatten wir eine zweitägige Konferenz. Viele Christen aus der Gegend kamen zusammen, besonders Frauen, da die Männer arbeiteten. Auch hier wurde Gottes Wort freudig aufgenommen. Etliche wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und einige von ihnen sogar erstmalig mit dem Heiligen Geist getauft; sie begannen zur Anbetung Jesu und des Vaters in Zungen zu beten. Anderntags fuhren wir zu einer Landzunge, die Sri Lanka sehr nahe entgegengestreckt ist. Der vor ca. 10 Jahren entfesselte Tsunami hatte dort alles überflutet. Von dem, was dort zuvor stand, war nur noch eine zerstörte Steinkirche zu sehen.
Konferenz in Rameswaram
Pastor Sam Apollos mit Frau und Kind in der Mittagspause
Indisches Essen - King Crabs & Co.
Von Rameswaram ging es westlich zu der etwa 250 Kilometer entfernten Stadt Rajapalayam. Dort dienten wir auf einem besonderen Tag für Pastoren und Leiter. Uns war es eine besondere Ehre und Freude, die Verantwortlichen im Reich Gottes geistlich zu bereichern. Zuerst gaben Karin und ich Zeugnis von unseren Erlebnissen mit Jesus, damit sie uns kennen lernen konnten. Dann sprachen wir zu ihnen über „die Wiederkunft Jesu“, den „Fünffältigen Dienst“ und über „Gottes Schalom-Gedanken“ für unser Leben.
Wie in allen anderen Gemeinden, wurden wir auch hier mit gutem indischen Essen versorgt. Mit den Fingern zu essen ist bei den Indern Tradition. Doch dies war mir von Kindheit an von meinen Eltern untersagt worden. Das Gefühl von Fett oder Reis mit Soße an den Fingern ist nicht jedermanns Sache. So verlangte ich jedes Mal nach Löffeln oder Gabeln, welche uns dann gegeben wurden.
Ausblick auf die Bergkette bei Rajapalayam
Noch am Abend machten wir uns von Rajapalayam auf den Weg nach Madurai. Dort trafen wir den Vater von Pastor Sam Apollos, der sich noch an uns erinnern konnte. Er und sein Sohn hatten uns vor dreizehn Jahren zu Predigtdiensten eingeladen und an einem der Tage aufs Land mitgenommen, um uns das damals sich noch im Rohbau befindliche Missionshaus zu zeigen, das eine Bibelschule für angehende Missionare werden sollte.
Im Hotel in Madurai erwartete uns eine unschöne Überraschung. Die Zimmer und die Betten waren extrem dreckig. Der unreine Hindu-Geist war im Haus regelrecht zu spüren. Unsere Gedanken waren: Bloß raus hier! Lieber mehr für das Hotelzimmer bezahlen, als in diesem mit unreinen Geistern besetzten Haus zu übernachten. Pastor Sam Apollos wusste um ein sauberes Hotel und ließ uns dort hinbringen. Die Nacht war super. Erquickt flogen wir schon zeitig am nächsten Tag zurück nach Chennai.
Unser Abflug nach Frankfurt war für 1.30 Uhr am nächsten Morgen angesetzt. Wir hatten also noch viel Zeit. Diese verbrachten wir zuhause bei Pastor Charles Chandran und seiner Familie. Charles wuchs in einem Waisenhaus der Inter-Mission auf. Dafür, dass er für seinen Lebensunterhalt nicht auf den Straßen betteln musste, ist er heute noch sehr dankbar. Weil ihm als Kind geholfen wurde und er dadurch zu Jesus fand, wendet er sich besonders den Kindern zu, um ihnen Gottes Liebe mitzuteilen.
Charles begann, Kinder aus seiner Nachbarschaft zu sich nach Hause einzuladen, gab ihnen zu essen und erzählte ihnen von Jesus. Gott segnete diese Arbeit derart, dass er sein Haus im Slumgebiet ausbauen und aufstocken konnte. Seine Nachbarschaft sah, dass Gott mit ihm war. Die meisten Menschen aus seiner Umgebung wollten dies auch erfahren und kamen zum Glauben an Jesus. Wie Charles wurden auch sie nach und nach gesegnet und kamen aus sehr ärmlichen Verhältnissen heraus.
Heute ist Pastor Charles Haus zweistöckig, mit einem Versammlungssaal auf dem Dach. Dort hatten wir abends einen Kindergottesdienst. Ungefähr fünfzig Kinder waren erschienen und zudem noch einige Erwachsene. Nicol, die von Beruf Erzieherin ist, animierte die Kinder mitzusingen und den Sohn Gottes mit Tanz zu preisen. Alle machten begeistert mit. Danach erzählte Karin ihnen mitreißend die Geschichte von David und Goliath. Sie freuten sich, von Davids Sieg zu hören und über Gott, der ihnen, wie dem Volk Israel, als es von Goliath bedroht wurde, in der Not helfen will. Am Ende des Gottesdienstes gab es für jedes Kind etwas Nahrhaftes zu Essen.
Rechtzeitig brachte uns Pastor Charles zum Flugplatz. Wir hatten einen guten Rückflug und landeten nach einer segensreichen Reise sicher im kalten Deutschland.